Kreuzbandriss beim Skifahren

Ein Kreuzbandriss beim Skifahren passiert oft in Sekundenschnelle: ein kleiner Moment der Unachtsamkeit, ein Schlagloch im Schnee, eine unkontrollierte Drehbewegung – und plötzlich ist nichts mehr wie zuvor. Das Knie gibt nach, ein lautes Knacken, Schmerzen, Schwellungen – und der Verdacht: Kreuzbandriss. Besonders beim Skifahren ist diese Verletzung keine Seltenheit.

Ein Kreuzbandriss zählt zu den häufigsten Verletzungen im Skisport – sowohl im Profibereich als auch bei Hobbysportler:innen. Im Ski-Weltcup gilt eine Kreuzbandruptur beinahe schon als normal: Kaum ein Top-Athlet bleibt im Laufe der Karriere davon verschont.

Doch nicht nur Leistungssportler sind betroffen. Jahr für Jahr verletzen sich tausende Wintersportler auf Österreichs Pisten – vom ambitionierten Hobbyfahrer bis hin zu Anfängern, die das erste Mal auf Skiern stehen. Als Unfallchirurg und Orthopäde in Wien sehe ich gerade im Winter regelmäßig Patient:innen mit dem Verletzungsbild Kreuzbandriss.


Die gute Nachricht: Mit der richtigen Behandlung und einer gezielten Reha ist eine vollständige Rückkehr in Sport und Alltag meist möglich. Entscheidend ist jedoch ein rascher, spezialisierter Therapiebeginn.

Warum passiert ein Kreuzbandriss gerade beim Skifahren so häufig?

Beim Skifahren ist das Bein im Skischuh fixiert – bei plötzlichen Drehbewegungen, unbalancierten Schwüngen oder bei Fahrt in Rückenlage (Phantomfuß-Mechanismus) wird viel Zug aufs vordere Kreuzband ausgeübt. Je nach Sturz belastet die Verankerung des Unterschenkels und die Rotation des Oberschenkels das Knie stark und somit auch die Kreuzbänder. Schnee, Pistenverhältnisse und Müdigkeit spielen ebenfalls eine große Rolle. Es ist erwiesen, dass die meisten Unfälle am Nachmittag, also kurz vor Betriebsschluss der Liftanlagen passieren.

 

Symptome & Erstversorgung bei Kreuzbandriss auf der Piste

Ein Kreuzbandriss – insbesondere am vorderen Kreuzband – macht sich meist sofort bemerkbar. Viele Betroffene berichten von einem plötzlichen „Knack“-Geräusch im Knie, oft verbunden mit einem Gefühl des Wegknickens oder Nachgebens. Häufig treten die Symptome direkt nach einem Sturz oder einer ruckartigen Drehbewegung des Unterschenkels auf, wie sie beim Skifahren leider sehr typisch sind.

 

Typische Symptome eines Kreuzbandrisses nach einem Skiunfall

  •  Plötzlicher, stechender Schmerz im Knie
  • Ein hör- oder fühlbares „Knacken“
  • Instabilitätsgefühl beim Stehen oder Gehen (das „Knie gibt nach“)
  • Rasch zunehmende Schwellung des Kniegelenks
  • Bewegungseinschränkung und Belastungsschmerz
  • Mitunter: Bluterguss im Knie (Hämarthros)

 

Sofortmaßnahmen auf der Piste

Wird ein Kreuzbandriss beim Skifahren vermutet, gilt: Belastung sofort einstellen und das Knie ruhigstellen. Eine schnelle Erstversorgung kann weitere Schäden begrenzen:

Bei instabilem Knie drohen weitere Verletzungen an Meniskus oder Knorpel.

Eis oder Schnee in ein Tuch wickeln und das Knie kühlen, um die Schwellung zu reduzieren (keinesfalls direkt auf die Haut).

Wenn möglich: das verletzte Bein hochlagern, um die Durchblutung zu verringern und die Schwellung zu minimieren.

Unkontrollierter Druck kann bei einem Kreuzbandriss mehr schaden als helfen – lieber stabilisieren und ärztlich abklären lassen.

Eine präzise Diagnose mittels klinischer Untersuchung und MRT ist entscheidend für die weitere Behandlung.

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Der beste OP Zeitpunkt 

Dr. Mark Schurz

Therapie Kreuzbandriss bei Skifahrern

Ob sich eine konservative oder operative Therapie für den Patienten eignet, hängt von unterschiedlichen Kriterien ab: Alter, Vorhandensein von Begleitverletzungen wie zum Beispiel eine Meniskusverletzung, Schmerzintensität, sportliche Ansprüche, Kniestabilität und zuletzt auch die persönlichen Präferenzen des Patienten.

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Kreuzband OP Ja oder Nein

Dr. Mark Schurz

Rehabilitation

Die Reha nach einer Kreuzband OP hat zum Ziel die muskuläre Stabilisation wiederherzustellen. Das Knie wird nach und nach sportspezifisch auf die anstehende Belastung vorbereitet. Bevor die Patienten wieder in den Skisport einsteigen dürfen, wird ein Ready-to-Sport-Test durchgeführt. Hierbei müssen mindestens 90% Leistung an Kraft und Stabilität im Vergleich zur unverletzten Gegenseite erreicht werden.

 

Prävention – Wie Sie Ihr Knie vorsorglich schützen können

Gleichgewichts- und Koordinationsübungen, wie Balancetraining auf instabiler Fläche, reduzieren das Kreuzbandrisiko um bis zu 85 %

Gezielte Übungen für Quadrizeps, Hamstrings, Hüfte und Rumpf – z. B. Squats, Deadlifts oder Bulgarian Split Squats – stärken die muskuläre Achse und verbessern die Dämpfung

Bereits 2–3× pro Woche Vorbereitungseinheiten mit Rumpf-, Achs- und Hüftstabilitätsübungen steigern die Belastbarkeit.

Fahren Sie bewusst mit gebeugtem Knie (ca. 30–60°) und nehmen Sie regelmäßig Pausen. Der Nachmittag und vor allem die Abfahrten nach dem in Österreich allzu beliebten Après-Ski bergen besonders hohes Risiko.

Häufige Fragen: Kreuzbandriss beim Skifahren

Es wird nicht empfohlen. Ihr vorderes Kreuzband ist ein primäres stabilisierendes Band für das Kniegelenk. Ohne intaktes Kreuzband beanspruchen Sie die Muskeln rund um Ihr Knie stärker, um für diese Stabilität zu sorgen. Wenn die stabilisierenden Muskeln schwach werden oder ermüden, kann es sein, dass Ihr Knie einknickt oder nachgibt. Dies könnte zu weiteren Verletzungen anderer Weichteilstrukturen des Knies oder des Gelenks selbst führen. Es ist immer am besten, Ihren Orthopäden und Physiotherapeuten zu konsultieren, bevor Sie bestimmte Aktivitäten mit einer Kreuzbandverletzung wieder aufnehmen.

Jeder Fall ist anders und sollte individuell abgeklärt werden. Typischerweise können die Patienten sieben Monate bis ein Jahr nach der Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes wieder auf der Piste sein. Bevor Sie Skifahren gehen, sollten Sie mit Ihrem Physiotherapeuten Ihren Ist-Zustand genau analysieren. Eine Freigabe wird Ihnen im Anschluss von Ihrem Orthopäden erteilt. Achten Sie aber beim Wiedereinstieg in den Skisport, nicht sofort auf schwarzen Pisten oder in extremem Gelände zu fahren. Ich empfehle Ihnen erstmal ein leichtes Skifahren auf präparierten Pisten für ein paar Wochen bis Monate, bevor Sie sich vorsichtig wieder Aktivitäten auf hohem Niveau und mit höherem Risiko widmen. Dies ist auch von Bedeutung um langsam wieder zur alten mentalen Sicherheit zurückzukehren. Zur Unterstützung auf der Schipiste können Sie auch eine aktive Bewegungsschiene verwenden, die Ihr Kniegelenk stabilisiert.

Die Rehabilitation (Reha) ist genauso wichtig wie die Operation selbst – wenn nicht sogar wichtiger. Egal ob das Kreuzband operativ ersetzt oder konservativ behandelt wurde: Nur durch eine gezielte, mehrmonatige Reha kann das Knie seine Stabilität, Beweglichkeit und Belastbarkeit vollständig zurückgewinnen.

Nach einem Kreuzbandriss kommt es zu Muskelabbau, Koordinationsverlust und Unsicherheit im Gelenk. Ohne gezielte Physiotherapie bleibt das Knie instabil – und das Risiko für erneute Verletzungen, z. B. ein erneuter Kreuzbandriss oder Schäden am Meniskus oder Knorpel, steigt deutlich. Durch funktionelles Training, Kraftaufbau, propriozeptives Training (Gleichgewicht, Koordination) und Skisport spezifische Übungen wird das Knie schrittweise wieder belastbar gemacht.

Ohne fundierte Reha ist selbst das beste Operationsergebnis gefährdet. Darum begleite ich meine Patient:innen engmaschig – in enger Zusammenarbeit mit erfahrenen Physiotherapeut:innen – vom ersten Tag nach der Diagnose bis zur Rückkehr in Alltag, Beruf und (Ski) Sport.